Weiden – Inhaltsstoffe, Wirkung und Anwendung – Heilpraxis

2022-08-20 11:07:59 By : Mr. Mark Huang

Weiden kennen wir als Material für Körbe. Weidenrinde nutzen wir heute selten als Arznei, umso häufiger indessen das aus dem Salicin der Weidenrinde entwickelte Aspirin / ASS. Weidenrinde ist dabei nicht nur ein „schwächeres Naturaspirin“, sondern enthält außer Salicin viele weitere Stoffe, die medizinische Effekte erzeugen.

Ein ägyptisch-marokkanisches Forschungsteam fasste 2021 in einem Review zusammen: Weidenrinde enthält, abhängig von der Art, bis zu elf Prozent Salicylate, dazu reichlich Gerbstoffe. Hinzu kommen Flavonoide, phenolische und nicht-phenolische Glycoside, organische Säuren und deren Derivate, Sterole, Terpene und Phenole, Fettsäuren und andere bioaktive Stoffe.

Weiden enthalten eine Fülle von Flavonoiden, die sich von Art zu Art unterscheiden. Dazu zählen Flavone, Flavonole, Dihydroflavonole, Isoflavone, Chalcone und Anthocyanine.

Weidenrinde vereint gleich drei Wirkformen: Sie enthält Wirkstoffe, die Fieber senken, solche, die Entzündungen hemmen und andere, die Schmerzen lindern. Das pflanzliche Salicin wird durch die Darmflora in Salicylsäure verwandelt, und diese hat alle drei Effekte: Sie senkt Fieber, hemmt Entzündungen und lindert Schmerzen – ähnlich wie ASS, aber in schwächerer Form.

Weidenextrakte schützen die Knorpel und bremsen überschüssige Ansammlungen freier Sauerstoffradikale, die die Zellen schädigen und Krebs ebenso fördern wie Störungen des Blutkreislaufs. Dieser Zellschutz liegt nicht nur am Salicin, sondern maßgeblich an den Flavonoiden.

Drei Forscherinnen aus den Bereichen Orthopädie, Dentalmedizin, Pharmazie und Phytotherapie hielten 2009 in einem Review fest: Extrakte aus Weidenrinde eignen sich als Mittel gegen entzündliches Rheuma und Arthrosen. Dabei eignen sie sich weniger, um einen sofortigen Effekt zu erzielen.

Um zu wirken, müssen sie regelmäßig über einen längeren Zeitraum genutzt werden. Sie sind deshalb besonders zu empfehlen bei chronischen Muskel-Skelett-Schmerzen.

Eine randomisierte placebokontrollierte Studie der Universitätsklinik Tübingen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizinische Informationsverarbeitung (IMI) an der Universität Tübingen zeigte eine klare Überlegenheit eines Extrakts aus Weidenrinde gegenüber einem Placebo in einer klinischen Studie an Menschen, die unter Arthrose litten.

Auch ESCOP, die wissenschaftliche Kommission für Phytotherapie in Europa, empfiehlt Weidenrinden-Extrakt als Mittel für leichte bis mittelschwere rheumatische Beschwerden und / oder Gelenkbeschwerden. Die Kommission E des Bundesamtes für Gesundheit in Deutschland schließt sich dieser Empfehlung an. Während ESCOP eine Tagesdosis von 240 Milligramm Weidenrindenextrakt pro Tag empfiehlt, hält die Kommission E lediglich 120 Milligramm für angemessen.

Ein Vorteil der Weidenrindenextrakte gegenüber synthetischen nicht-steroidalen Mitteln gegen Rheuma liegt in einem breiten Wirkungsspektrum der Rinde und darin, dass bestimmte Nebenwirkungen milder ausfallen beziehungsweise ausbleiben. Als pflanzliches Arzneimittel mit einer Fülle an Inhaltsstoffen ist indessen auch das Risiko größer, dass Patientinnen und Patienten auf bestimmte dieser Inhaltsstoffe sensibel oder allergisch reagieren, als bei synthetischen Arzneien, in denen diese Stoffe fehlen.

Wie die Wirkstoffe der Weidenrinde zusammen wirken, ist nicht hinreichend geklärt. So tragen vermutlich Flavonoide wie Naringenin, Catechin und Eriodictyol dazu bei, Entzündungen zu lindern. Die Hemmung der Blutgerinnung ist geringer als bei dem Einsatz von Acetylsalicylsäure, wodurch unerwünschte Blutungen nicht vorkommen.

Drei Wissenschaftlerinnen aus den Bereichen Anästhesie, Schmerzforschung und Orthopädie fassten 2011 zusammen: Es wäre verkürzt, Weiden schlicht als „natürliches Aspirin“ zu sehen. So enthielten Weidenarten lediglich eine geringe Menge des Wirkstoff Salicins, der sich in verschiedene Salicylderivate verändere.

Wenn sie in Salicylsäure kalkuliert würde, wäre die tägliche Dosis beim Konsum von Weidenrinde zu gering, um als Schmerzmittel zu wirken. Die schmerzlindernde Konzentration der Salicylsäure in Aspirin sei wesentlich höher.

Jedoch würden Flavonoide und Polyphenole (die Aspirin nicht enthält) zusätzlich zum schmerzlindernden und antientzündlichen Effekt der Weidenrinde beitragen. Weidenrinde hätte ein breiteres Wirkungsspektrum als Aspirin und dabei keine ernsten Nebenwirkungen.

Weidenrinde gilt als gut verträglich. Im Unterschied zu ASS reizen Weidenrindenextrakte kaum die Magenschleimhaut. Indessen kann die im Extrakt vorhandene Gerbsäure Magendruck auslösen.

Weidenrindenextrakte können zu allergischen Reaktionen führen, besonders bei Menschen, die sensibel auf Salicylat ansprechen. Weidenrinde verdünnt das Blut weniger als ASS, trotzdem sollten Sie die Einnahme mit Ihrem Arzt / Ihrer Ärztin absprechen, wenn Sie Weidenrinde konsumieren wollen und zugleich Blutverdünner einnehmen.

Es ist möglich, dass Weidenrinde die Effekte von gleichzeitig eingesetzten Medikamenten, die den Blutzuckerspiegel senken, verstärkt, und die Wirkung von Medikamenten mindert, die das Ausscheiden der Harnsäure steigern – das gilt vor allem für Arzneien gegen Gicht.

Wird Weidenrinde zusammen mit anderen nicht-steroidalen Entzündungshemmern eingenommen, steigt das Risiko für Magengeschwüre und Magenblutungen. Das gilt besonders für Ibuprofen und Aspirin.

Weidenrinde sollte nicht dauerhaft eingenommen werden. Kinder unter 12 Jahren sollten auf Weidenrinde verzichten.

In der Schwangerschaft sollten Sie keine Weidenrinde und auch keine anderen Produkte einnehmen, die Salicylsäure enthalten. Dies kann die Geburt verzögern oder beim Ungeborenen Störungen des Herz-Lungen-Kreislaufs auslösen.

Nicht einnehmen dürfen Sie Salicylate bei: Asthma, verengten Bronchien, Magen-Darm-Geschwüren und Funktionsstörungen in Nieren und Leber.

Der klinische Pharmakologe Mohd Shara aus Jordanien und Sidney J. Stohs von der Medical Center School of Pharmacy and Health Professions, Omaha, Nebraska, fassten 2015 in einem Review zusammen: Im Vergleich zu nicht-steroidalen Medikamenten gegen Entzündungen wie Aspirin sind Nebenwirkungen bei Weidenrinde gering. Der Hauptgrund für mögliche Nebenwirkungen seien allergische Reaktionen bei Menschen, die empfindlich auf Salicylate reagierten.

Weidenrinde wird aus der Rinde zwei- bis dreijähriger Weiden gewonnen. Aus der getrockneten Rinde lässt sich ein Tee zubereiten. Dabei gilt als Dosis drei Gramm fein zerkleinerte Rinde auf 150 Milliliter heißes Wasser.

Am besten greifen Sie auf fertigen Tee aus dem Reformhaus oder der Apotheke zurück, da hier die Dosierung klar ist. Sie können bei akuten Beschwerden rund drei Mal täglich eine Tasse des Aufgusses zu sich nehmen.

Dies sollten Sie indessen sofort beenden, wenn ihre Magenschleimhaut gereizt ist, Sie also Schmerzen im Magen empfinden. Besonders eignet sich der Tee als Mundspülung und zum Gurgeln bei Zahnfleischbluten und Mandelentzündung.

Äußerlich lässt sich frische Weidenrinde auf schmerzende Hautentzündungen auflegen, als Umschlag oder Kompresse. Auch Voll- oder Teilbäder, Waschungen und Salben gegen entzündete Haut, Insektenstiche und äußere Wunden sind möglich.

Italienische Forschende fassten 2015 die Medizingeschichte der Weide zusammen: Weidenrinde spielt demnach seit der Antike eine wichtige Rolle in der Medizin, in der frühen Zivilisation von Sumer wie im alten Ägypten. Sie wurde gegen diverse Krankheiten eingesetzt – von Hautrötungen bis zu Kopfschmerzen, von Zahnfleischentzündungen bis Fieber.

Die Menschen im alten Ägypten nutzten sie gegen Wunden, Entzündungen und Schwellungen. Der griechische Arzt Hippokrates sah sie als Mittel gegen entzündete Gelenke und fiebrige Erkrankungen.

Der griechische Mediziner Dioskurides empfahl sie gegen Blutspucken, Ohren- und Augenentzündungen. Germanen und Kelten sollen Weidenzweige ausgekocht und den Sud auf schmerzende Gliedmaßen gelegt haben.

Daniel R. Goldberg erläuterte 2009 in einem Fachartikel des Science History Instituts: 1828 wurde aus der Rinde Salicin isoliert, 1838 aus Salicin Salicylsäure hergestellt. 1897 entwickelte Felix Hoffmann aus Salicylsäure schließlich Acetylsalicylsäure – wir kennen sie als Schmerzmittel ASS.

Im Mythos galten Weiden als Bäume der Hexen, die daraus Zauberruten flechten sollten – als Symbol standen die schnell wachsenden Gehölze für die Erneuerung des Lebens. Weiden vereinigten höchst unterschiedliche Bedeutungen: Sie standen für Jungfräulichkeit ebenso wie für Fruchtbarkeit, für Trauer und Erneuerung, für Tod und Wiedergeburt.

Weiden waren in der Vormoderne der wichtigste Rohstoff, um Flechtwerk herzustellen. Noch heute kennen wie aus Weidenruten geflochtene Körbe.

Historisch wurden sie für viel mehr Gegenstände genutzt. Aus Weidenruten wurden Betten und Stühle geflochten, Schuhe und Boote hergestellt, Matten und Wände, Zäune und Kisten.

Als klassische Pionierpflanzen besiedeln Weiden instabile Standorte: Arktis und Hochgebirge, Tundra und Flussufer, Moore und Überschwemmungsgebiete. Während andere Baumarten kaum überleben an Ufern, die durch Überflutungen umgestaltet werden, breiten sich Weiden mangels Konkurrenz gerade hier aus.

Die ersten Gehölze auf neuen Kiesbänken, Sandufern oder Schlickflächen sind meist Weiden. Sie sind die typischen Pflanzen der Weichholzauen, also der Zone zwischen der Wasserfläche und dem Hartholzwald.

Um Weidenruten zu schneiden, ist die beste Zeit zwischen November und März. Denn dann trägt der Baum kein Laub. Im März und April sitzen die Zweige voller Samenstände, die an das Fell von Katzen erinnern. Deshalb heißen sie Weidenkätzchen. Diese sind in Deutschland als Osterdekoration sehr beliebt.

Verzichten Sie bitte darauf, diese zu schneiden. Sie stehen unter Naturschutz und sind im zeitigen Frühjahr eine der wichtigsten Nahrungsquellen für Bienen, Hummeln und andere Insekten, deren Bestände rapide abgenommen haben.

Bei einem Weidenzaun werden biegsame Weidenruten um ein Gerüst aus härterem Holz wie zum Beispiel Kiefer geschlungen. Ein solches Geflecht hält Wind und Wetter über Jahre stand, je nach Zustand der verwendeten Rinde. Je nach Standort und Pflege kann ein solcher Zaun über zehn Jahre halten.

Ein Sichtschutz aus Weidenruten eignet sich sehr gut für die Gartengestaltung. Er lässt sich mit Schilfmatten vergleichen, ist aber erstens haltbarer und zweitens teurer, da Weiden länger zum Wachsen brauchen und in deutlich geringeren Maßen vorkommen als Schilf.

Für einen Sichtschutz brauchen Sie Rundpfähle aus härterem Holz, die mindestens 2,40 Meter lang sind – nur bei entsprechender Verankerung im Boden halten sie starkem Wind stand. Pro Meter sollten Sie drei bis vier Pfosten einsetzen.

Weidenruten sind der am meisten genutzte Teil des Weidenbaums. Es handelt sich um dünne Triebe mit einem Durchmesser bis zu 20 Zentimetern. Diese sind biegsam und lassen sich vielfältig für Flechtarbeiten verwenden – für Zäune, Körbe, Sichtschutz, Hütten und Ähnliches.

Nach dem Schneiden der Zweige sollten Sie diese mit dem unteren Ende in Wasser stellen. Sind die Ruten getrocknet, können Sie diese ebenfalls ins Wasser stellen, und nach rund 24 Stunden lassen sie sich wieder biegen. (Dr. Utz Anhalt)

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

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